European Welsh Forum in Moers

Every change has an opportunity…

…war das Motto, unter dem das Europäische Welsh Forum am 18. März in Moers stehen sollte. „Jeder Wandel eröffnet auch Möglichkeiten!“ – und so trafen sich Welsh-Freunde aus zahlreichen europäischen Ländern noch bevor die britische Regierungschefin das offizielle Austrittsgesuch bei der EU eingereicht hatte, um zu beraten, welche Möglichkeiten und Chancen ein Brexit den Züchtern auf dem Kontinent auf der einen Seite und den Briten auf der anderen Seite des Ärmelkanals bringen könnte.

Offizielle Vertreter, Züchter und zahlreiche Interessierte aus Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Frankreich, Dänemark, der Tschechischen Republik, Norwegen und natürlich aus Wales waren angereist, um in konstruktiven Dialog zu treten.

Dr. Klaus Spengler, 1. Vorsitzender der IG Welsh, eröffnete das Meeting und stellte die Struktur der Zuchtverbände unter dem Dach der FN in Deutschland dar. Erfreulicherweise konnte er hierzu auch Herrn Dr. Klaus Miesner, FN-Geschäftsführer – Bereich Zucht, und Frau Dr. Elisabeth Jensen, Zuchtleiterin des Pferdestammbuchs SH/HH, begrüßen.

Gleich zu Beginn wurde thematisiert, dass die Zahl der Zuchttiere seit dem Jahr 2000 deutlich zurückgegangen ist. Während für die Haflinger etwa 67 % weniger Zuchttiere registriert sind, verbuchen auch die Welsh Ponys und Cobs einen Rückgang von 47,5 %.

Als ersten Redner begrüßte Henk van Dijk Mr Dai Harris, vormaliger Präsident der Welsh Pony und Cob Society. Jeder, der Dai Harris auf der Internationalen Schau in Dänemark hören durfte, weiß, welch begnadeter Redner er ist – und so wurde auch die Geschichte der Welsh Pony und Cob Society eine kurzweilige Reise in die Vergangenheit, gespickt mit persönlichen Anekdoten und anschaulichen Erzählungen über die Entstehung unserer Rasse. So lauschten dieZuhörer aufmerksam, wie der Großvater Dai Harris einst erzählte, dass er in London hauptsächlich Welsh Cobs gesehen habe. Bis zu 200 Tiere, alle voll aufgeschirrt, so berichtete er, standen jeden Morgen im oberen Stockwerk des Gebäudes und wurden von den Milchmännern abgeholt, um auf den belebten Straßen von London die Milch auszufahren. Doch warum ausgerechnet Welsh Cobs? – Sie waren stark genug, die Karren zu ziehen und hatten gleichzeitig das geeignetste Temperament, um die Arbeit zu verrichten. Viele weitere spannende Details folgten, wie dass zu Beginn der Zuchtbücher alle Araber, Hackneys, Vollblüter, aber auch Clydesdales und Shire Horses für die Zucht von Welsh Cobs registriert werden durften, sofern sie die Kriterien der WPCS erfüllten. Oder dass die Größeneinteilung der Sektionen lange anders geregelt war und beispielsweise der Welsh Cob bis 1947 zwischen 14.2 und 15.2 hh (ca. 144 – 154 cm) groß sein durfte. Dai Harris schloss mit der eindringlichen Bitte an die Anwesenden, die Wurzeln der Rasse nicht zu vergessen – nämlich, dass sie zum Arbeiten gezüchtet worden ist und nach dem Temperament selektiert wurde – und dass das alleinige Showen von  Ponys kein Auswahlkriterium für gute Vererbung sein dürfe!

Nach einer Kaffeepause trat Mr Rob Allen, Geschäftsführer der Welsh Pony und Cob Society, ans Mikrofon. Er berichtete, dass auch die Society von einer großen Unsicherheit bezüglich des Brexits betroffen sei. Die Bedingungen für den Austritt Großbritanniens aus der EU würden bis 2019 verhandelt und da zum jetzigen Zeitpunkt keiner etwas Definitives wisse, ginge es nun im Vorfeld hauptsächlich darum, abzufragen, welche Bedürfnisse und Forderungen die Welsh-Züchter und Mitglieder der Society haben. Als gesichert könne man jedoch annehmen, dass die EU-Passport-Richtlinien für Equiden bestehen blieben. Die Society wird sich in den kommenden Monaten mehrfach mit britischen Regierungsstellen treffen und die Strategie in kommenden Verhandlungen soll auf dem heutigen Austausch auf dem Europäischen Welsh Forum basieren.

Fragen von deutschen Teilnehmern waren natürlich, ob die WPCS auch weiterhin auf dem Kontinent Papiere ausstellen wird und ob die WPCS sich künftig an der europäischen Zentral-Datenbank zur Registrierung von Equiden beteiligt. Beides konnte Rob Allen zum jetzigen Zeitpunkt positiv beantworten.

Alle internationalen Teilnehmer diskutierten anschließend rege, welche Chancen und Risiken sie sehen. Sollten weniger Tiere bei der Society registriert werden, so könnten Blutlinien verloren gehen. Aus den Niederlanden kamen Vorschläge, dass die Harmonisierung der Stutbücher unabhängig von Brüssel zu vollziehen sei und ferner eventuell mehr Ponyhengste über Gefriersperma zur Verfügung stünden.

Es folgte der Vortrag von Dr. Alf-Eckbert Füssel, Vertreter der EU-Kommission, Bereichsleiter Tierschutz und Tierzucht bei der Generaldirektion Gesundheit und Verbraucher. Er erläuterte anhand von Beispielen, welche Schwierigkeiten bei der Vereinheitlichung der Gesetze aus den verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten auftreten und stellte die neue EU-Tierzuchtverordnung, an der insbesondere auch Großbritannien mitgearbeitet habe, vor. Er betonte, dass auch die Briten bis 1. November 2018 sich an diese Regularien halten müssen. Da Großbritannien nach dem Brexit als Drittstaat gilt, zeigte er zunächst auf, welche Kriterien ein Zuchtbuch führender Verband erfüllen müsse, um als solcher anerkannt zu werden. Er wies darauf hin, dass ein Tier zwar in mehreren Stutbüchern geführt werden könne, aber nur eine Zucht-Organisation die Papiere ausstellen dürfe. In der Regel sei dies der Verband, dem das Tier zuerst gemeldet werde.

Als hoffnungsvolles Fazit zog er, dass sich bis 2018 die Zuchtverbände aller Mitgliedsstaaten an die EU-Regularien anpassen müssten, sprich alle Länder, auch Deutschland, müssen sich bewegen. Und weshalb sollte ein Standard zur Vereinfachung von Handel und grenzübergreifendem Austausch der einmal erreicht ist, später rückgängig gemacht werden?!

Anhand der Population der Friesen referierte Prof. Dr. Bart Ducro von der Wageningen Universität, NL nach einem reichhaltigen Mittagsbüffet über In- und Linienzucht bei Pferden. Er zeigte Risiken auf und Strategien zur Vermeidung von Inzucht. Außerdem wurden die Probleme und Chancen des Einsatzes von Gefriersperma bezüglich der Weite des genetischen Pools aufgezeigt.

Frau Kareen Heineking-Schütte, Tierärztin, hielt einen sehr interessanten Vortrag über Kondition und Gesundheit von Welsh Ponys und Cobs. Erläuterungen zum Body Condition Score und Funktion des weißen Körperfetts zusammen mit Tipps zum erfolgreichen Stall- und Futtermanagement gaben einen guten Überblick. Gute bildhafte Beispiele rundeten den Beitrag ab.

Nach einer letzten Kaffeepause stellten sich drei Mitglieder des WPCS Councils, Mrs Tracy Hook, Mr Rob Allan und Mr David Roberts den Fragen aus dem internationalen Plenum. Zunächst gab man die dringende Bitte weiter, dass jede Aktualisierung von Bestimmungen, Regeln und Standards nicht nur an die britischen Mitglieder gesendet, sondern auch den internationalen Welsh-Zuchtorganisationen zur Verfügung gestellt werden sollte. Eine Anregung war, dass man die Sektionsbeschreibungen ebenfalls dringend aktualisieren sollte. Tracy Hook und Rob Allan betonten, dass sie diese Bitten mit nach Wales nehmen und beim nächsten Treffen des Councils vortragen würden.

David Roberts, Vorsitzender des Internationalen Komitees der WPCS, und Rob Allen stellten einen Newsletter der WPCS in Aussicht, der zeitnah über die Entwicklungen informieren soll.

Nach einem langen, aber spannenden Tag traf man sich zum gemeinsamen Abendessen und hatte nun doch allerhand Gesprächsstoff zum Austauschen.

Das nächste International Meeting findet am 23.07.2017 in Builth Wells, UK statt.

Text: Christina Huke
Fotos: Friederike Rosenthal

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